Schattenseiten
In letzter Zeit träume ich öfter von meiner Zukunft. Ich habe mein Ziel erreicht und einen Weg gefunden das optimale Leben zu erreichen.
Ich habe vielen Menschen geholfen, Bücher geschrieben, den Ort der Persönlichkeitsentwicklung aufgebaut und helfe verschiedenen Regierungen und Organisationen dabei die Prinzipien für das gute Leben umzusetzen.
Ich bin erfolgreich, beliebt und reich. Ich habe alles, was man sich wünschen kann.
In einem Interview spricht die Reporterin davon, dass viele mein Leben führen wollen.
Ich korrigiere sie und sage, dass sie zwar die Ergebnisse wollen, aber nur wenige wirklich mit mir tauschen wollen.
Dann kommt eine Dokumentation über mein Leben.
Es werden immer nur Bilder gezeigt, es gibt keinen Sprecher und jeder muss sich selbst seine Meinung bilden.
Am Anfang wird der glamouröse Teil meines Lebens vorgeführt. Ich reise durch die Welt, treffe wichtige und einflussreiche Menschen und werde interviewt.
Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs und eher die Ausnahme.
Im Anschluss wird dann mein wahres Leben und meine normalen Tage gezeigt.
Zuerst ist zu sehen, wie ich arbeite, trainiere und mich erhole.
Es entsteht der Eindruck, dass das alles nicht so wild ist und es jeder schaffen kann. Dann wird die Uhrzeit eingeblendet: 8 Uhr.
Der erste Zyklus ist abgeschlossen. Es folgen an dem Tag noch zwei weitere.
Es werden immer mehr Tage gezeigt. Es ist immer der gleiche Ablauf.
Feste Strukturen und Pläne. Immer weiter. Keine Ausnahmen.
Dann werden die Daten eingeblendet. Zuerst ein Samstag, dann ein Sonntag, mein Geburtstag, Weihnachten und Silvester.
"No Days off."
Als Kontrast werden andere Menschen beim Feiern, Spaß haben oder im Urlaub gezeigt.
Sie gönnen sich auch mal etwas: Feste, Shopping, Cheatdays.
Mein Leben wirkt bim Vergleich trist, bedrückend und nicht besonders lebenswert.
Was mich fasziniert ist das, was die meisten wohl als die Schattenseite sehen würden. Die harte Arbeit, die es braucht, um etwas zu erreichen.
Ich finde das tatsächlich erstrebenswert.
Mich interessiert der erste Teil, das Ergebnis, nicht so sehr. Ich möchte, dass es eine Konsequenz aus meinem Handeln ist und "nebenbei" erreicht wird.
Mich faszinieren Menschen, die für eine Sache brennen und nichts anderes machen wollen.
Das ganze Leben ist auf eine Sache ausgerichtet.
Sie würden ihr Ziel verfolgen, ob sie bezahlt werden oder nicht. Sie lieben, was sie tun. Das ist dann oft der Grund, warum sie erfolgreich werden.
Sie sind bereit alles zu geben und komplett von der Sache überzeugt.
Ich weiß nicht genau wieso, aber Kobe Bryant sticht für mich dabei heraus.
Für ihn war es zuerst Basketball und danach das Geschichten erzählen.
Er hat alles dafür gegeben. Er war der erste und letzte beim Training. Für ihn gab es nichts anderes.
Er hat auf vieles verzichten, um den Fokus nicht zu verlieren.
Alles andere war nicht so wichtig.
Er hat selbst gemerkt, dass er anders ist als die anderen. Für ihn war es mehr als ein Spiel.
Nach einer gewonnenen Meisterschaft ging es am nächsten Tag direkt weiter zur Vorbereitung auf die Titelverteidigung.
Mit so einem Fokus können spektakuläre Ergebnisse erzielt werden.
So wird die Welt verändert.
Ich möchte etwas finden oder mir aufbauen für das ich komplett brenne, in dem ich voll aufgehe.
Etwas von dem ich komplett überzeugt bin, nicht aufhören kann daran zu denken und zu arbeiten.
Ich möchte mich auf etwas festlegen und mir sicher sein, dass es das richtige für mich ist.
Anstatt meine Schiffe zu verbrennen und mich auf die Sache zu konzentrieren, baue ich immer mehr, um mir immer mehr Optionen offen zu halten. Es könnte sich etwas Besseres bieten.
Für mich wirkt das Gras auf der anderen Seite immer grüner. Dabei gibt es überall Probleme und Herausforderungen. Nichts ist so schön, wie es scheint.
Ich möchte meine Entscheidungen nicht ständig hinterfragen und bei jeder Schwierigkeit das Gefühl haben weglaufen zu wollen.
Zum Glück weiß ich jetzt, dass ich mir diese Sache selbst aufbauen kann. Ich finde sie nicht zufällig in einem Moment der Inspiration, sondern muss etwas dafür tun.
Das gibt mir ein Stück weit die Kontrolle darüber.
Mit der Einleitung habe ich meine Frage dazu selbst beantwortet.
Ich verwende unverhältnismäßig viel Zeit und Energie für den Versuch mein Leben zu optimieren auf.
Ich kann nicht aufhören darüber nachzudenken.
Ich freue mich über die kleinste Verbesserung von vermeintlich bedeutungslosen Abläufen.
Jeder Schritt einen Widerstand zu entfernen, bereitet mir Freude.
Mich nerven Dinge, die die meisten Menschen wahrscheinlich niemals hinterfragen würden. Es stellt für sie kein Problem dar.
Für mich ist es oft ein offensichtliches Problem und ich frage mich, warum niemand etwas daran ändert.
Es hat mich genervt das Waschpulver aus der Verpackung in die Waschmaschine zu füllen. Also habe ich mir Behälter mit Auslauf angeschafft.
Ich denke darüber nach, wie ich die Spülmaschine einräumen kann, damit das Ausräumen leichter ist.
Meine Ernährung ist nicht nur gesund, auf die Kalorien und Nährstoffe ausgerichtet, sondern auch praktisch beim Einkaufen und Lagern.
Ich verwende entweder halbe oder ganze Verpackungen für eine Mahlzeit. Gleichzeitig ist sie aber auch günstig.
Der Aufwand, den ich in die Zusammenstellung investiert habe, ist völlig übertrieben und das Ergebnis für die meisten wahrscheinlich nicht befriedigend.
Es macht mir aber immer wieder Freude wie schlank die Abläufe sind und ich probiere immer wieder neue Sachen aus, die den Ablauf noch weiter verbessern.
Ich weiß wie Ampeln geschaltet sind und wie schnell ich fahren muss, um eine grüne Welle zu erwischen.
Es nervt mich Dinge wiederholt zu machen. Bei vielem lässt es sich nicht verhindern. Das möchte ich dann so effizient wie möglich machen.
Am liebsten mache ich etwas einmal und löse das Problem endgültig.
Das beste Beispiel dafür ist das Einrichten eines Sparplans. Nachdem es läuft, muss ich mich nicht mehr darum kümmern. Trotzdem wird das Depot jeden Monat größer.
Ich bin kein Fan des ganzen Drumherums. Alles, was nötig ist, um ein Leben zu führen: Einkaufen, Kochen, Aufräumen, …
Die Wäsche muss gewaschen werden, es muss doch aber einen besseren Weg geben als den aktuellen.
Ich würde gerne im Hotel leben. Dort wird mir das alles abgenommen. Das ist aber keine echte Lösung, sondern ich gebe die Arbeit einfach nur ab.
Mir wäre es am liebsten, wenn das alles automatisiert würde.
Es fühlt sich so unnötig an. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen.
Immer wieder das Gleiche Tag für Tag, Woche für Woche, ohne wirklich weiterzukommen.
Ich mache auch immer das Gleiche. Der Unterschied ist aber, der Fortschritt. Mir gefallen Dinge, die mit der Zeit besser werden.
Ich möchte nicht jeden Tag Eimer mit Wasser hin und her tragen, sondern einen Kanal graben.
Aber je mehr ich mich gegen das Schleppen wehre, umso schlimmer wird es.
Ich kann auch etwas Gutes daran finden, zum Beispiel, dass ich immer stärker werde, und gleichzeitig einen Kanal graben.
Außerdem ist nur die Struktur gleich. Die tatsächliche Arbeit unterscheidet sich immer.
Ich brauche dort die Abwechslung, mag aber eine feste Struktur, in der sie entsteht.
Ich möchte mir nicht jeden Morgen überlegen, was ich anziehe, esse und wie ich den Tag verbringe.
Ich wünsche mir ein Unternehmen, dass ein Problem abschließend löst und sich dann mit dem nächsten beschäftigt oder aufgelöst wird.
Die ersten Autos haben zu lange gehalten, als dass es ein gutes Geschäft gewesen wäre.
Das sollte aber das Ziel sein.
Die Umgebung sollte so gestaltet werden, dass viele Probleme gar nicht erst entstehen.
Wenn alles fußläufig ist, brauche ich kein Auto mehr.
Häuser sollten so gebaut werden, dass sie keine Heizung brauchen. Für das Warmwasser gibt es eine Wärmepumpe und eine Solaranlage auf dem Dach. Die Fenster werden im Sommer vom Dach beschattet und im Winter kann die Sonne in die Wohnung scheinen.
Ich glaube, dass wir mit gutem Design viele Probleme verhindern und ein besseres Leben führen können.
Ich bin bereit sehr viel Aufwand zu investieren, um etwas zu starten, dass dann zumindest auf demselben Stand bleibt oder sich von selbst weiter verbessert.
Auch hier ist das Depot ein gutes Beispiel. Wenn ich heute aufhören würde Geld einzuzahlen, würde es trotzdem weiterwachsen und mir Dividenden ausschütten.
Im Gegensatz dazu stehen der Sport und das Training.
Sobald ich aufhöre, baue ich ab.
Ich sehe den Sport, die Ernährung und den Schlaf aber als Werkzeuge, um meine Gesundheit zu verbessern und gut zu Altern. Es macht alles andere erst möglich.
Außerdem macht es mir großen Spaß und ich fühle mich danach immer besser.
Ich würde selbst dann Sport machen, wenn es eine Pille gäbe, die den gleichen Effekt auf meine Gesundheit hätte. (Wahrscheinlich aber nicht mehr so viel)
Ich glaube ich suche etwas, dass mich so sehr fesselt, dass ich Freude im Hier und Jetzt empfinde und nicht immer auf eine Belohnung in der Zukunft hoffe.
Ich habe gelernt, dass ich nicht zufällig darüber stolpere, sondern (fast) alles zu dem machen kann, wenn ich mich aktiv darum bemühe.
Indem ich etwas so gut wie möglich mache und mich wirklich darauf konzentriere, können mich die meisten Tätigkeiten fesseln.
Ich erkenne immer deutlicher, dass mich Dinge wie Geld, Erfolg und Macht nicht (lange) glücklich machen und ich immer nur mehr brauche.
Wenn ich es aber schaffe im aktuellen Moment zufrieden zu sein, brauche ich alles andere nicht mehr. Die Umstände meines Lebens sind dann nicht mehr so entscheidend.
Es ist nicht mehr so wichtig, wie ich aussehe, ob ich finanziell unabhängig bin oder wie erfolgreich ich bin.
Das merke ich immer wieder, wenn ich es schaffe meinen Verstand zu beruhigen und an nichts zu denken oder wenn ich im Flow bin.
Ich vergesse das aber immer wieder und renne den Belohnungen hinterher. Dabei ist die Lösung stehenzubleiben und den Moment zu genießen.
Ich entscheide, wie ich auf eine Situation reagiere. Ich muss mich nicht aufregen oder ärgern. Ich kann sie beobachten und akzeptieren. Das ist aber sehr schwierig.
Das Universum ist gleichgültig. Meine Bewertungen und Erwartungen geben Dingen einen Wert und die kann ich kontrollieren lernen.
Menschen sind glücklich, wenn sie ihre Stärken einsetzen und sich selbst fordern.
Wenn wir so zum Wohle aller arbeiten sind wir glücklich und alle anderen profitieren davon.
Wie kann ich meine Stärken einsetzen, um die Welt ein kleines bisschen zu verbessern?