Übertrumpfen

04.01.2023

Mein Vater möchte 76 Jahre alt werden, weil Opa 75 Jahre alt geworden ist. Es ist ihm wichtig älter zu werden als sein Vater. Er möchte ihn übertrumpfen und mehr erreichen.

Wir haben früher viel Schach gespielt. Erst hat er immer gewinnen Ich bin aber immer besser geworden, bis sich das Blatt gewendet hat. Wir haben dann irgendwann aufgehört.

Ich möchte auch nicht mehr spielen. Mir ist klar geworden, dass ich Angst davor habe, zu verlieren und somit schlechter dastehen als er.

Die Vorstellung finde ich überraschend schlimm. Ich habe das Gefühl, in allen besser sein zu müssen als er.

Ich möchte ein bestimmtes Bild von mir aufrechterhalten, wenn ich gegen ihn beim Schach verliere, könnte ich das nicht mehr.

Vielleicht sollte ich dann genau das tun. Wir spielen einfach wieder Schach und ich gucke was passiert.

Das wäre wieder eine Möglichkeit, mein Weltbild der Realität anzupassen.

Was soll schon passieren. Es ist nur ein Spiel. Außerdem habe ich es ewig nicht gemacht. Ich werde am Anfang nicht gut sein und wahrscheinlich öfter verlieren.

Es ist eine Gelegenheit, mich mein Problem zu stellen und gleichzeitig das Verhältnis zu meinem Vater zu verändern.

Wir könnten so mehr Zeit zusammen verbringen und unsere Beziehung vertiefen.

Vielleicht schaffe ich es so, ihn so zu behandeln wie alle anderen auch, anstatt ständig auf 180 zu sein, wenn wir zusammen sind.

Ich wollte das Gegenteil von meinem Vater werden. Ich habe immer nur die schlechten Seiten gesehen. Ich wollte zeigen, dass ich es besser weiß und kann.

Im Laufe der Zeit habe ich habe erkannt, dass wir uns sehr ähnlich sind. Er spiegelt mir meine Schwächen und Fehler. Das belastet unsere Beziehung.

Es fällt mir schwer mehr Zeit mit ihm zu verbringen, weil ich es nicht ertrage, meine eigenen Makel vors Gesicht gehalten zu bekommen.

Ich möchte es als Zeichen sehen, dass es hier etwas für mich zu lernen gibt. Es ist eine gute Möglichkeit zu wachsen. Ich möchte sie wahrnehmen und nicht weglaufen.

Ich habe ihm letztes Jahr einen Dankesbrief geschrieben. Er hat mir sehr viel ermöglicht und mich immer unterstützt. Das hab ich ihm so nie gesagt und ich denke, dass es Zeit geworden ist.

Es hat wirklich geholfen.

Jetzt kann ich ihn beim Älterwerden unterstützen und so mehr von seiner menschlichen Seite kennenlernen anstatt immer nur auf die Schwächen fokussiert zu sein.

Vielleicht bekomme ich so ein komplettes Bild von ihm, ohne Vorurteile.

Er gibt auch sein Bestes, genau wie ich. Auch wenn wir oft unterschiedlicher Meinung sind, ist das eine nicht zwangsläufig schlechter als das andere.

Jeder versucht seine Karten so gut wie möglich zu spielen. Es macht keinen Sinn, sich mit anderen zu vergleichen.

Wir haben alle unterschiedliche Voraussetzungen, Ziele und Fähigkeiten.

Wir gewinnen nicht wirklich oder nur kurzfristig, wenn wir besser sind als jemand anderes. Wir schränken uns selbst nur ein und nehmen uns potentiell positive Erfahrungen.

Es wird immer jemanden geben, der besser ist als wir. Es ist ein Kampf, den wir nicht gewinnen können.

Auch im Fitnessstudio ist es schwierig, sich zu vergleichen. Selbst bei diesem scheinbar einfach im Vergleich, gibt viel zu viele variablen, um sich sinnvoll vergleichen zu können. Deshalb sind die Wettbewerbe so stark reguliert.

Es hängt viel von der Tagesform ab, ob wir gerade abnehmen oder Muskeln aufbauen wollen, die wievielte es Übung heute ist, was wir gestern trainiert haben und so weiter.

Jeder läuft sein eigenes Rennen. Wir können uns umsehen und Ratschläge einholen, am Ende müssen wir aber ausprobieren, was uns gefällt und zu uns passt.

Wenn wir blind anderen folgen oder einen Wettbewerb mit Ihnen gehen, könnten wir feststellen, dass wir das Ziel gar nicht erreichen wollten.

Wir haben alles für etwas gegeben, dass uns nichts bedeutet.

Was bringt es uns ein schöneres Auto als die Nachbarn zu fahren, wenn uns Autos in Wahrheit egal sind?

Wir könnten die Energie stattdessen in etwas stecken, dass uns wirklich etwas bedeutet.

Wir können uns für andere freuen, wenn sie etwas erreicht haben, das ihnen wichtig ist.

Anstatt zu konkurrieren könnten wir gemeinsam etwas aufbauen, dass uns beiden gefällt.

Etwas zu tun, nur um es jemand anderem zu zeigen, wirft uns nur selbst zurück.

Emotionen wie Neid, Eifersucht und Rache schaden nur uns selbst.

Was ist dein Traum? Wie kann ich helfen?