Ankommen

25.11.2022

Ich habe immer gedacht, dass ich irgendwann an einem Punkt in meinem Leben ankomme, an dem alles perfekt ist und ich keine Probleme mehr habe.

Ich erkenne immer mehr, dass dieser Punkt niemals kommen wir. Trotzdem fällt es mir schwer das zu verinnerlichen. Ich weiß, dass es so ist, lebe aber nicht danach.

Wir brauchen die Kontraste. Ohne etwas Schlechtes gibt es nichts Gutes. Ich möchte beide Seite der Medaille akzeptieren und darauf vertrauen, dass jede Phase auch wieder vergeht. Egal, wie ich sie bewerte.

Nach einer negativen Phase geht es wieder bergauf und eine positive kann ich so lange genießen, wie sie anhält.

Ich muss sie dann aber auch loslassen, wenn sie vorbei ist und nicht zwanghaft versuchen an ihr festzuhalten.

Die negativen Phasen motivieren mich etwas zu ändern und geben meinem Leben eine neue Richtung.

Vielleicht stellt sich im Nachhinein heraus, dass es der entscheidende Wendepunkt in meinem Leben war und somit doch als etwas Positives.

Außerdem verändere ich mich selbst. Selbst, wenn ich mir ein perfektes Leben für den Moment aufgebaut habe, wird mir schnell langweilig und ich brauche etwas Neues.

Alle meine Ziele sind immer nur Zwischenstationen. Es gibt kein Ende. Auf jedes erreichte Ziel folgt das Nächste. Es geht immer weiter.

Ich habe das aber erst jetzt erkannt und bis jetzt versucht so schnell wie möglich an meinem perfekten Leben anzukommen.

Ich habe mich viel mit Produktivität beschäftigt und versucht alles so effizient wie möglich zu machen.

Ich habe alles, was der Produktivität im Weg stand, aus meinem Leben entfernt. Dazu gehörten besonders soziale Kontakte und der Spaß. Ich hatte nur noch ein Ziel und das war das optimale Leben.

Ich würde zur Ruhe kommen, wenn ich es endlich erreicht habe.

Dabei habe ich übersehen, dass ich mich immer weiter von diesem Ziel entferne.

Wenn ich jetzt nicht glücklich sein kann, bin ich es auch nicht, wenn ich schön, schlank, reich oder berühmt bin.

Ich habe alles auf das vermeintlich wichtigste reduziert. Ich hatte für alles einen Grund und habe nichts einfach so gemacht.

Der Versuch ist aber gescheitert. Ich habe zwar viel geschafft, es hat aber nie gereicht. Ich habe die Ziele immer weiter nach hinten geschoben. Ich habe immer mehr gebraucht und gedacht, dass es bei der nächsten Steigerung wirklich genug ist.

Das ist aber nie passiert und ich denke das wird auch nie passieren, wenn ich so weitermache.

Ich bin zwar immer schneller gelaufen, leider aber in die falsche Richtung. Mit jeder Steigerung meiner Produktivität ist ein bisschen Lebensqualität verloren gegangen.

Ich habe versucht ein perfektes Leben aufzubauen, damit ich dann glücklich sein kann, wenn ich es erreicht habe.

Deshalb hat mich die FI/RE Community auch so angesprochen. Ich hatte mit der finanziellen Unabhängigkeit ein klares Ziel und wusste genau, was ich dafür machen musste.

Nachdem ich dieses Ziel erreicht hätte, hätte ich mein Leben genießen können. Es hat genau in meinen Plan gepasst. Erst alle Probleme beseitigen und dann glücklich und zufrieden bis zum Ende meiner Tage zu leben.

Was in der Theorie super klingt, funktioniert leider nicht.

Erst als ich erkannt habe, dass ich nach 10-15 Jahren in denen ich nicht anderes tue als zu arbeiten und Probleme zu lösen, nichts mehr habe mit dem ich mein Leben genießen könnte.

Ich habe einen interessanten Artikel zu dem Thema mit dem Titel "Build your life and then save for it" von jemandem gelesen, der in die gleiche Falle getappt ist, es aber früh genug gemerkt hat.

Ich kann nicht den Rest meines Lebens am Strand sitzen und Cocktails trinken. Ich brauche etwas sinnvolles zu tun.

Alles wird irgendwann langweilig und ich brauche etwas Neues.

Ich sehne mich nach einem Plan mir klaren Schritten, ich einfach ausführen kann und der mir ein gutes Leben garantiert. Ich möchte irgendwo ankommen.

Ich bilde mir ein, dass er mir Sicherheit geben würde. Er würde mich aber nur einschränken.

Die wirklich wichtigen Momente im Leben passieren zufällig. Oft ist es eine zufällige Begegnung zur richtigen Zeit, die ein Leben völlig verändern kann.

Dieses nicht wissen, ob ich das richtige tue, macht mir Angst. Ich möchte mein Leben nicht verschwenden und keine falschen Entscheidungen treffen.

Paradoxerweise führt das genau dazu, dass das Leben an mir vorbeizieht. Ich lebe in meinen Kopf und denke zu viel. Ich traue mich nicht eine Entscheidung zu treffen und baue mir immer mehr Optionen auf, nutze aber keine, weil ich nicht weiß, ob es das richtige ist.

Ich denke viel zu viel nach und mache zu wenig.

Dabei wäre es besser irgendeine Entscheidung zu treffen und ins Tun zu kommen. Aus dieser Situation kann ich dann zunehmend bessere Entscheidungen treffen.

Ich bin immer mehr der Überzeugung, dass ich mein Leben jetzt schon genießen sollte.

Es sind die vermeintlich kleinen Dinge, die das Leben ausmachen. All das, was ich bei meiner Jagd auf das optimale Leben als Ballast betrachtet habe.

Freundschaften, Lachen, im Moment sein.

Ich habe das Gefühl in letzter Zeit immer das Gleiche zu schreiben. Ich möchte es aber endlich verinnerlichen und einen Weg finden mich selbst davon zu überzeugen.

Das ewige Rennen ohne anzukommen ist anstrengend und ermüdend.

Ich erwische mich immer wieder dabei auf die Zukunft zu hoffen und von Veränderungen zu viel zu erwarten.

Ich denke über den perfekten Plan nach, anstatt das Leben auf mich zukommen zu lassen.

Nur in den Tag hineinzuleben ist auch nicht die Lösung. Es ist wie immer ein Mittelweg.

Es wird aber besser. Es geht mir natürlich nicht schnell genug, aber ich erkenne Fortschritte. Ich fühle mich nicht mehr ganz so gehetzt.

Anscheinend fällt bei mir der Groschen in Pfennigstücken.

Ich möchte es aber auch nicht erzwingen. Wenn es länger dauert, bis ich meinen Weg gefunden habe ist das ok.

Ich möchte auch zufrieden sein, wenn ich stehenbleibe. Ich möchte nicht mehr das Gefühl haben immer mehr erreichen zu müssen. Ich möchte auch mal den Augenblick genießen.

Ich möchte es lockerer angehen lassen, zur Ruhe kommen und durchatmen.

Was ist dein Traum? Wie kann ich helfen?