Prozess

18.10.2024

Ich habe das Experiment mit Huel nach einer Woche abgebrochen. Es hat für mich nicht funktioniert. Dabei wollte ich wollte es unbedingt.

Ich hatte zwar das Gefühl genug Energie zu haben, konnte aber nicht darauf zugreifen. Mein Magen war immer leer, was dazu gefühlt hat, dass ich mich zunehmend hungriger gefühlt habe.

Ich finde es schade, weil mich die Effizienz immer noch begeistert. Ich hoffe, dass es irgendwann eine Lösung gibt, die funktioniert.

Ein paar Wochen später habe ich erkannt, dass ich in einer Art Panikmodus war, als ich die Entscheidung getroffen habe das Experiment zu starten. Ich hatte das Gefühl noch viel mehr leisten zu müssen und besser zu werden. Ich konnte nur noch sehen, dass ich nicht gut genug bin.

Etwas hat in meinem Leben gefehlt, also habe ich das gemacht, was ich kenne. Mehr, immer noch mehr. Ich habe nach Wegen gesucht besser zu werden.

Der einzige Ausweg, den ich gesehen habe, war für mich in dem Moment schneller zu rennen. Besser zu werden. Mehr zu leisten. Ich habe keine Alternative gesehen.

Ich konnte den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen.

Es fällt mir schwer das Gefühl in Worte zu fassen. Ich hatte einen Tunnelblick und konnte nicht mehr klar denken. Als wäre mein Leben in Gefahr und ich müsste so schnell wie möglich irgendeine Lösung finden. Ich wollte aus der Situation fliehen, weiß aber nicht mal genau wieso.

Es hat sich angefühlt, als hätte ich Scheuklappen auf. Es gab weder links noch rechts. Es gab keine Alternativen zum Steigern meiner Leistung.

Meine Welt und meine Gedanken haben sich komplett verengt und nur noch darauf fokussiert. Ich wusste nur noch, dass ich weglaufen muss. Ich war in Panik, obwohl nichts Gefährliches passiert ist.

Ich habe es aber nicht gemerkt und hatte das Gefühl vernünftig zu handeln.

Erst nachdem ich etwas Abstand gewinnen konnte, habe ich erkannt, was los ist und konnte die Situation besser einschätzen und vernünftigere Entscheidungen treffen. Ich konnte mir wieder durchatmen und mir einen Überblick verschaffen.

Ich habe wieder andere Lösungen gesehen und konnte die Ursachen für meine Reaktion erkennen.

Es ist mir gelungen, in dem ich mir mehr Zeit für mich genommen habe und nicht immer nur beschäftigt war.

Ich habe mir auf Spaziergängen und beim Fahrradfahren die Gelegenheit gegeben über alles nachzudenken und meine Gedanken schweifen zu lassen.

Ich habe viel geschrieben/diktiert und mir dadurch Klarheit verschafft. Ich konnte erkennen, dass ich mich verlaufen habe.

Als ich das erkannt habe, war der Drang nach mehr Effizienz nicht mehr so stark. Der Zwang besser zu werden, hat sich gelegt.

Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass eine komplette Ernährung mit Pulver selbst nicht erstrebenswert wäre, wenn es geklappt hätte, Menschen keine Nutztiere sind und dass es beim Essen nicht nur auf die Nährstoffaufnahme ankommt.

Der Genuss bleibt völlig auf der Strecke und alles, was um das Essen herum passiert, vor allem die soziale Komponente, auch.

Der Vergleich mit einem Nutztier ist mir besonders im Gedächtnis geblieben.

Es gibt sie, aus einem ganz bestimmten Grund. Alles ist darauf ausgelegt das so effizient wie möglich zu schaffen. Der Wert eines Nutztieres besteht also darin diesen Grund zu erfüllen. Wir können den Wert an ihrer Leistung messen.

Sobald sie keine Leistung mehr bringen, werden sie nicht mehr gebraucht. Genauso, wenn es eine bessere Alternative gibt.

Für Menschen gilt das nicht. Wir haben alle den gleichen Wert unabhängig davon, was wir haben, können oder tun. Wir müssen unseren Wert nicht beweisen und er wird nicht durch unsere Leistung bestimmt.

So sehe ich mich aber nicht.

Ich sehe mich selbst eher als Nutztier. Mein Wert besteht nur in dem, was ich leiste. Ich versuche, alles, was dem im Weg steht zu vermeiden, um meinen Wert zu steigern, um relevant zu bleiben.

Dazu gehört auch der Geschmack. Ich habe mir scheinbar alles abtrainiert, was nicht notwendig ist, um meine Leistung zu bringen. Denn ich spüre kein Bedarf mehr danach.

Dazu gehört auch niemandem zur Last zu fallen und keine Fehler zu machen. Beides schmälert meinen Wert und macht es wahrscheinlicher, dass ich nicht mehr genug leiste oder es eine bessere Alternative gibt. Ich möchte nicht auf das Abstellgleis gestellt werden.

Das bedeutet jede Kritik, jeder Fehler und jeder Leistungseinbruch bedeutet für mich die Möglichkeit "geschlachtet" zu werden, überflüssig zu sein. Nicht mehr gebraucht und ausgetauscht zu werden.

Ich habe mich schon oft gefragt, wie ich es hinbekommen kann, meinen Wert von meiner Leistung zu lösen.

Ich hatte den Gedanken, dass ich mein Leben als einen Prozess sehen kann. Meine Aufgabe ist ihn immer weiter zu verbessern.

Es geht dann nicht mehr um mich persönlich, sondern nur um den Prozess.

Jeder Fehler und jeder Rückschlag zeigt mir ein Verbesserungspotenzial und gibt mir somit die Chance ihn zu verbessern und somit meine Aufgabe zu erfüllen.

Ich drehe alles auf den Kopf und gebe den Dingen eine neue Bedeutung.

Ich gewinne Abstand und nehme nicht mehr alles persönlich. Es geht immer nur um den Prozess, nicht um mich.

Ich kann so meine Stärke des Optimierens einsetzen und profitiere ist davon, weil mein Leben immer besser wird.

Fehler und Kritik kann ich so als etwas Positives sehen. Als etwas, aus dem ich lernen und den Prozess insgesamt verbessern kann.

Der Prozess ist das Problem, nicht ich.

Es fällt mir leichter, Entscheidung zu treffen und auch Experimente durchzuführen. Es geht nicht um mich und meinen Wert, sondern um den Prozess. Nicht ich bin der Versager, wenn etwas nicht funktioniert, sondern das Experiment ist gescheitert.

Es sind weitere wertvolle Daten, die mich bei meiner Aufgabe unterstützen.

Die Idee gefällt mir sehr gut, ich weiß aber noch nicht genau, wie ich sie umsetzen kann.

Aber auch das ist Teil des Prozesses und ich kann einfach anfangen und ausprobieren, was funktioniert. Ich kann es komplett von meinem Wert entkoppeln und muss keine Angst haben nutzlos zu werden, wenn ein Versuch scheitert.

Damit bekämpfe ich aber auch nur ein Symptom. Ich habe aber die Hoffnung, dass ich so lernen kann, besser mit Fehlern, Rückschlägen und Kritik umzugehen. Außerdem stärke ich mein Selbstwertgefühl damit.

Ich traue mich mehr auszuprobieren und sammle Erfahrungen und komme ins Handeln. Dadurch kreiere ich Fortschritt und baue mein Selbstvertrauen auf. Ich bekomme Feedback, was mich weiterbringt.

Ich möchte einfach anfangen und es ausprobieren.

Ich möchte ins Handeln kommen und Fehler, Kritik und Herausforderungen als Chance sehen und nicht davor weglaufen.

Was ist dein Traum? Wie kann ich helfen?