Unabhängigkeit

24.07.2022

In der Geschichte "Into the wild" geht der Protagonist, Christopher McCandless, alleine in die Wildnis und lässt alle zurück. Er möchte sich auf niemanden verlassen müssen und nur für sich selbst sorgen. Er denkt, dass er nur unabhängig von allem glücklich sein kann.

Ich habe das immer als erstrebenswert gesehen. Die absolute Freiheit.

Mir ist meine Unabhängigkeit sehr wichtig. Ich tue viel dafür jegliche Abhängigkeiten zu vermeiden. Ich kann tun und lassen, was ich möchte. Ich muss mich mit niemandem absprechen oder einigen.

Wenn ich die finanzielle Unabhängigkeit erreicht habe, habe ich es geschafft und kann mein Leben komplett alleine und unabhängig bestreiten.

Ich sehe es als Schwäche andere zu brauchen. Ich mag es nicht, wenn sie andere um mich kümmern wollen. Wenn ich krank bin sage ich es niemanden, weil ich das Mitleid und die Hilfsbereitschaft nicht ertragen kann.

Ich möchte keine Geschenke habe, weil ich es als Belastung sehe. Ich sehe nicht, das sie mir eine Freude machen wollen, sondern nur den Druck, dass ich ihnen dann auch etwas schenken muss.

Ich feiere meinen Geburtstag nicht (mehr), weil ich die Aufmerksamkeit nicht mag.

Familienfeiern nerven mich und ich sehe sie nur als Zeitverschwendung.

Ich vermeide Verantwortung und Verbindlichkeiten.

Ich bilde mir ein keine Hilfe zu benötigen und alleine besser dran zu sein. Ich möchte meine Probleme und Aufgaben alleine lösen, obwohl es viel einfacher ist, es gemeinsam zu machen.

Abgesehen davon, dass es nicht so ist, bin ich völlig abhängig. Ich produziere nichts von dem, was ich benutze oder brauche und weiß auch nicht, wie ich es geht. Der Mensch ist ein soziales Wesen und die Arbeitsteilung hat uns den Fortschritt gebracht.

Langsam erkenne ich, wie Christopher McCandless kurz vor seinem Tod, alleine in einem Bus in der Wildnis, dass das der falsche Weg ist.

Glück ist nur echt, wenn es geteilt wird

Wir brauchen andere Menschen, nicht nur zum Überleben sondern auch um glücklich zu sein. Wir brauchen das Miteinander. Ein Leben alleine führt nur zu Unzufriedenheit und Leid.

Die absolute Unabhängigkeit ist eine Sackgasse.

Aber anstatt das zu akzeptieren versuche ich alles, um tiefe Beziehungen zu vermeiden.

Ich halte Menschen auf Abstand, stoße sie weg und ziehe mich zurück, wenn mir die Nähe zu viel wird.

Ich lasse niemanden an mich heran und unterdrücke meine wahren Gefühle. Ich versuche so mich zu schützen und nicht verletzbar zu sein. So verletze ich mich aber selbst viel stärker.

Ich verstecke mein wahres ich und präsentiere ein Bild, von dem ich glaube, das es mein Gegenüber sehen möchte.

Ich vermeide es mich zu öffnen und über meine Gefühle und Bedürfnisse zu reden, obwohl ich weiß wie gut es mir tut. Alles bleibt oberflächlich.

Ich glaube alle meine Bedürfnisse selbst erfüllen zu müssen und möchte nicht, dass es andere für mich tun.

Ich melde mich nicht und bitte auch nicht um Hilfe. Ich möchte alles alleine schaffen.

Ich sehe eher die Schwächen, als die Stärken in anderen. Ich bin dadurch schnell genervt und möchte keine Zeit mit ihnen verbringen.

Ich habe das Gefühl, dass mir andere Menschen im Weg stehen und alles komplizierter machen. Alleine wirkt alles einfacher.

Ich habe in meinem Kopf ein Idealbild einer Frau kreiert, an das niemand herankommen kann. Dadurch ist niemand gut genug und ich verhindere eine Beziehung von vornherein.

Ich unterdrücke alle positiven Erfahrungen mit Menschen, damit ich nicht merke, wie gut sie mir tun.

Ich denke immer daran Verabredungen abzusagen und mich davor zu drücken. Ich hoffe immer, dass etwas passiert, damit sie nicht stattfinden, obwohl ich nachher oft froh bin dagewesen zu sein.

Wenn ich jemanden sehe, den ich kenne, verstecke ich mich und hoffe, nicht gesehen zu werden, damit ich mich nicht unterhalten muss, anstatt auf die Person zuzugehen.

Es ist als würde ich mich selbst sabotieren.

Ich habe sogar meinen Tagesablauf so geplant, dass es fast unmöglich ist Zeit mit mir zu verbringen. Menschen müssen sich ein Bein ausreißen, wenn sie etwas mit mir unternehmen wollen.

Ich möchte die Kontrolle behalten und bestimmen, wie nah mir jemand kommen darf.

Alles dreht sich immer nur um mich.

Dabei sehne ich mich nach Gemeinschaft, Nähe und Vertrautheit. Ich brauche insbesondere ein Team.

In den letzten Wochen fallen mir immer mehr Geschichten aus meiner Jugend ein. Sie erinnern mich daran, wie schön es war von Menschen umgeben zu sein, gemeinsam Erfahrungen gemacht und zusammen etwas erreicht zu haben.

Ich rede mir ein, dass ich noch nicht die richtigen Menschen kennen gelernt habe und versuche sie zu finden. Dabei bin ich nicht wirklich auf der Suche. Ich tue nur so um mein Bild aufrecht zu erhalten.

Meistens unterdrücke ich dieses Gefühl und fühle mich in meiner Situation wohl.

Wenn ich aber erschöpft, müde oder krank bin, fühle ich mich immer häufiger einsam und alleine. Wahrscheinlich habe ich dann nicht die Kraft die Fassade für mich selbst aufrecht zu erhalten und mich weiter zu täuschen.

Ich sammle immer mehr Beweise, dass ich den falschen Weg eingeschlagen habe.

Ich habe aber schon so viel Zeit und Energie in die Unabhängigkeit gesteckt, dass es mir schwer fällt das zu akzeptieren. Ich habe mein ganzes Leben darauf ausgerichtet.

Ich würde alles verraten, wofür ich gearbeitet habe, wenn ich zugebe, dass ich falsch gelegen habe.

Ich müsste meine Komfortzone verlassen, mich verletzlich machen und mein Leben umstellen.

Trotzdem möchte ich wieder mehr auf Menschen zugehen, anstatt mich weiter zurückzuziehen.

Was ist dein Traum? Wie kann ich helfen?