Gefühle

28.06.2023

Ich habe vor einiger Zeit das Gefühlsrad entdeckt. Es ist ein bunter Kreis mit Gefühlen, die sich nach Außen immer weiter differenzieren. Es sind viele.

Ich habe erkannt, dass meins deutlich simpler war. Ich kannte nur "läuft" und "läuft nicht". Wie in vielen anderen Dingen gibt es bei mir nur Extreme, An oder Aus. Entweder war alles gut oder alles war schlecht.

Wenn ich mich nicht gut gefühlt habe, habe ich etwas gegessen oder mich nach Unterhaltung umgeschaut in der Hoffnung mich besser zu fühlen und das Problem so zu lösen. Meistens hat es, zumindest kurzfristig, funktioniert.

Die Ursache habe ich so natürlich nicht behoben.

Interessanterweise hatte ich gleichzeitig aber immer ein sehr gutes Körpergefühl. Ich konnte immer sehr gut einschätzen, wie schlimm eine Verletzung war, genau beschreiben, wo der Schmerz saß und wie er sich angefühlt hat.

Seit ich mich letztes Jahr intensiv mit meinem Leben befasst und angefangen habe darüber zu schreiben, habe ich immer mehr Gefühle gespürt, konnte damit aber nichts anfangen.

Mir war nicht klar, was mit mir passiert.

Ich hatte kein Konzept dafür. Ich wusste nicht, was ich machen sollte, und war völlig überfordert. Ich vermute, dass ich deshalb so aus der Spur geraten bin.

Ich wusste einfach nicht, was mit mir "nicht stimmt". Ich konnte nichts dagegen machen und war den Gefühlen hilflos ausgeliefert.

Seither habe ich gelernt, dass Gefühle nichts Schlechtes sind und ich sie aushalten kann, auch die Negativen. Ich kann in meinem Körper spüren und merke eher, was los ist.

Anstatt sie zu Verdrängen und wegzulaufen, habe ich angefangen mich ihnen zu stellen.

Das hat mir gezeigt, dass mir eine ganze Welt gefehlt hat.

Ich konnte das Feedback meines Körpers nicht wahrnehmen und habe so versucht ohne Kompass zu navigieren. Mir fehlt die Orientierung.

Ich habe einfach nur funktioniert und das gemacht von dem ich dachte, dass andere es von mir erwarten.

Um das zu erreichen war Kontrolle und Zwang die Lösung. Es gibt für alles einen Plan. Wie bei einer Maschine habe ich die Regler je nach Kennzahl angepasst.

Dadurch bin ich nur selten in ein Gleichgewicht gelangt und immer wieder von einem ins andere Extrem geschlagen.

Wenn ich zu viel gegessen habe, musste ich mehr Sport machen. Dadurch habe ich mich hungriger gefühlt, konnte aber nicht mehr essen. So sind die Abwärtsspiralen entstanden.

Unten angekommen konnte ich das System dann wieder neu starten und es ging von vorne los. Solange ich mich an alle Pläne und Vorgaben gehalten habe, war alles ok. Sobald ich abgewichen bin, ist es mir sehr schwer gefallen es wieder einzufangen.

Ich habe erkannt, dass ich mit dem Fühlen ganz am Anfang starten muss. Ich muss sie zuerst kennenlernen und mir dann überlegen, wie ich mit ihnen umgehen kann.

Eine Übersicht, wie das Gefühlsrad, ist ein gutes Hilfsmittel, das mich bei meiner Entdeckungsreise unterstützen kann.

Mittlerweile ist mein Gefühlsrad schon etwas bunter geworden. Es gibt aber noch sehr viele Lücken und noch keine Nuancen. Ich bin aber zuversichtlich auf einem ganz guten Weg zu sein.

Ich weiß jetzt, was ich tun kann und wie ich mit Gefühlen umgehe. So kann ich mich auf eine Entdeckungsreise begeben und mich neu kennenlernen.

Sobald ich etwas fühle, versuche ich zu erkennen, was es mir sagen möchte. Ich nehme mir Zeit in Ruhe in meinen Körper zu spüren und das Gefühl auszuhalten.

So kann ich nach und nach erkennen, was er mir sagen möchte und entsprechend handeln.

Ich habe auch gelernt, dass ich nicht zwangsläufig auf Gefühle reagieren muss. Sind liefern mir wertvolle Informationen, die ich dann in meine Entscheidung einbeziehen kann.

Ich muss nicht zwangsläufig danach handeln. Ich sehe sie mittlerweile als eine Art Vorschlag.

Ich möchte immer wieder weglaufen und mich ablenken. Deshalb stelle ich mir einen Timer und versuche es zumindest so lange auszuhalten. Meistens wird es nach den ersten Minuten deutlich besser und das Verlangen zu flüchten legt sich. Dann kann ich das Gefühl untersuchen.

Ich habe auch angefangen zu träumen und mich an sie zu erinnern. Das ist auch neu für mich.

Das Meditieren hilft mir sehr dabei Gefühle wahrzunehmen und zu identifizieren.

Vor ein paar Tagen hatte ich den ersten großen Erfolg. Ich habe schlecht geschlafen und habe mich einfach nur müde gefühlt. Ich hatte nicht nur einfach ein unangenehmes Gefühl, das Verlangen etwas essen zu müssen und es zu verdrängen. Ich konnte mich nochmal hinlegen, etwas ausruhen und habe mich danach besser gefühlt.

Es klingt banal, für mich kommt das aber einer Offenbarung nahe.

Es ist als hätte ich eine völlig neue Welt entdeckt, die mir bisher verborgen war.

Es macht das Leben so viel einfacher. Es ist unglaublich. Mir war nicht klar, dass diese Option existiert und mir mein Körper sagen kann, was er braucht. Es eröffnet mir völlig neue Möglichkeiten.

Ich glaube so herausfinden zu können, was ich wirklich möchte und nicht mehr ein Leben nach den Vorgaben von anderen zu führen.

Mit so einem Werkzeug scheint mir ein Leben ohne diesen ständigen Zwang und die Kontrolle tatsächlich möglich.

Es ist mir in den letzten Tagen so viel leichter gefallen mich an meinen Ernährungsplan zu halten.

Da mein Körperfettgehalt (noch) meine wichtigste Grundlage für mein Selbstbewusstsein ist, hat es mir eine unglaubliche Last von den Schultern genommen.

Ich möchte nicht zu euphorisch werden, wenn es mir aber gelingt nur noch zu essen, wenn ich hungrig bin, aufzuhören, wenn ich satt bin und nicht wenn alles leer ist, wäre das bahnbrechend! Ich könnte ganz anders leben.

Ich möchte auf jeden Fall dabeibleiben.

Das schöne ist, dass ich schnelle Fortschritte machen kann, weil ich ganz am Anfang stehe.

Was ist dein Traum? Wie kann ich helfen?