Mühelos

29.06.2023

Ich habe schon ein paarmal von dem Konzept „wu wei“ gelesen. Es bedeutet etwas mühelos zu tun. Wahrscheinlich ist es so ähnlich wie im Flow zu sein.

Es geht darum Dinge geschehen zu lassen und sich mit dem Fluss des Lebens treiben zu lassen.

Es ist mir immer sehr schwer gefallen das zu verstehen. Wie soll ich etwas tun, ohne wirklich etwas zu tun?

Ich glaube aber, dass ich am Wochenende so einen Moment erlebt habe.

Ich habe an einem 24-Stunden-Lauf teilgenommen. Da ich zu unchristlichen Zeiten aufstehe, habe ich die Nachtschicht übernommen.

Meine Zeit war von 4:00 Uhr bis 5:30 Uhr. Da sich sonst keiner eingetragen hat, konnte ich mir das Laufen einteilen, wie ich wollte. Normalerweise waren die Schichten in 15 Minuten Blöcke eingeteilt.

Ich wusste nicht, was auf mich zukommt, und bin ohne Erwartung zum Sportplatz gefahren. Ich hatte mir vorher überlegt, dass ich ein bisschen laufe, dann eine Pause mache und wieder laufe. Einfach so, wie ich mich fühle.

Ich bin davon ausgegangen, dass sonst niemand da ist. Da hatte ich mich aber getäuscht. Es sind tatsächlich die ganze Nacht immer Menschen gelaufen.

Ich bin einfach angefangen zu laufen, ohne ein Ziel oder eine Anzahl von Runden im Kopf zu haben.

Das lief ganz gut und ich bin gut reingekommen. Die anderen Läufer haben sich immer abgewechselt und so habe ich immer jemanden gefunden, an den ich mich hängen konnte. Sie haben das Tempo vorgegeben und ich bin einfach hinterhergelaufen.

Ich hatte jemanden, der die Runden gezählt hat und musste mich also auch darum nicht kümmern. Es war ein Spendenlauf und für jede Runde gab es einen Betrag für die Organisation.

Es hat sich tatsächlich mühelos angefüllt. Jeder Kilometer war ein bisschen schneller als der vorherige. Ich bin überhaupt nicht müde geworden. Ich bin einfach immer weitergelaufen. Ein Fuß vor den anderen.

Das Ganze ist an mir vorbeigezogen. Ich habe, während dessen ein Hörbuch gehört, aber auch davon nicht wirklich viel mitbekommen.

Am Ende bin ich etwas über 75 Minuten gelaufen und habe 15 km geschafft. Ich glaube ich bin an einem Stück noch nie so weit gelaufen. Vor allem nicht so schnell.

Eigentlich fällt es mir besonders schwer Runden, um den Sportplatz zu laufen. Es fühlt sich so sinnlos an. Das Gefühl hatte ich dieses Mal aber gar nicht.

Die letzten 2 km waren dann doch etwas anstrengender, ich habe aber aufgehört, weil meine Uhr und meine Kopfhörer aufgegeben haben und ich dachte jetzt wäre ein guter Zeitpunkt.

Ich habe mich dann zu der Betreuerin gesetzt und mich ganz normal mit dir unterhalten. Ich war kaum außer Atem.

Ich habe mich richtig gut gefühlt.

Es war surreal.

Ich habe mich ein bisschen so gefühlt wie Barney Stinson, als er ein Marathon gelaufen ist, ohne vorher dafür zu trainieren.

Ich bin dann einfach nach Hause gefahren und habe gefrühstückt, als wäre nichts passiert.

Die ganze Aktion ist mir ein bisschen wie ein Traum vorgekommen.

Ich hatte etwas Angst, dass ich die Quittung am nächsten Tag bekomme. Ich konnte nicht einfach so davonkommen.

Das ist aber nicht passiert. Ich habe zwar gemerkt, dass ich gelaufen bin, aber es war wirklich nicht schlimm. Ich konnte ganz normal mit dem Training weitermachen.

Ich bin einfach gelaufen. Ich hatte keine Erwartungen, keine Wertung der Situation und kein Ziel. Ich war voll im Moment.

Es hat mir gezeigt, wozu ich fähig bin, wenn ich nicht noch zusätzlich gegen einen inneren Widerstand ankämpfen muss.

Die Stimme in meinem Kopf hat geschwiegen. Das war sehr angenehm. Niemand, der mir einredet, dass ich kaputt bin oder aufhören sollte.

Ich lasse mich manchmal beim Training von der Stimme überzeugen. Eigentlich wären noch ein paar Wiederholungen drin, der Kopf, sagt aber nein und plötzlich schaffe ich in dem Satz keine mehr.

Es war total angenehm und einfach.

Wie leicht das Leben wäre, ohne die negative innere Stimme.

Einfach die Dinge zu tun, die anstehen. Nicht alles zu hinterfragen, es mir auszureden oder mich zu wehren - einfach machen.

Ich glaube, besonders wichtig war, dass ich ohne Erwartungen an die Sache ran gegangen bin.

Ich hatte kein Ziel und keinen wirklichen Plan. Ich wusste nicht, was auf mich zukommt und habe gemacht, was ich richtig angefüllt hat.

Es war wirklich ein faszinierendes und lehrreiches Erlebnis.

Ich möchte versuchen, diesen Zustand öfter zu erreichen.

Was ist dein Traum? Wie kann ich helfen?