Warteschlange
Ich hatte heute Morgen das Bild einer Warteschlange vor einem Freizeitpark in meinem Kopf. Die Menschen standen für meine Gedanken. Die Attraktion war meine Fähigkeit, meine Gedanken zu verarbeiten.
Es kommen immer mehr Gäste, die Achterbahn fährt aber nicht durchgehend. Dadurch wird die Schlange immer länger. Der Druck steigt und die Gedanken werden ungehalten. Sie wollen unbedingt gedacht werden.
Dadurch werde ich unruhiger und habe nicht das Gefühl die Kapazität zu haben sie zu verarbeiten. Das führt zu mehr Unruhe und weniger Kapazität.
Ich muss einmal über diesen Punkt hinwegkommen und mich meinen Gedanken widmen, auch wenn ich mich dafür nicht bereit fühle. Dann läuft es aber wie von selbst.
Es ist dann als würde ein Damm brechen.
Seit ich mir wieder mehr Zeit dafür genommen habe, habe ich das Gefühl, dass die Menschen in der Schlange anfangen zu drängeln. Ein Gedanke jagt den nächsten.
Gerade merke ich aber, wie gut es mir tut, die Warteschlange abzuarbeiten. Ich fühle mich immer klarer und die negativen Gedanken verschwinden.
Irgendwann gibt es kaum noch Gäste für die Achterbahn. Ich komme zur Ruhe und kann die Gedanken verarbeiten, während sie entstehen. Ich spüre weniger Druck und irgendwann lässt er komplett nach.
Ich habe immer mehr Phasen an denen ich an nichts denke und das fühlt sich sehr befreiend an. Es ist ein Gefühl der puren Zufriedenheit. Ich habe dann nicht das Bedürfnis irgendetwas tun zu müssen. Einfach nur dazusitzen ist genug.
Es ist sehr angenehm.
Beim Training ist es mir zum Beispiel leichter gefallen, mich zu steigern. Ich hatte nicht die Stimmen im Hinterkopf, die mich auffordern, aufzuhören. Ich konnte einfach trainieren.
Ich fühle mich generell motivierter und lasse mich nicht so leicht ärgern. Ich fühle mich nicht mehr gehetzt.
Auf einmal ist es ok, wenn jemand vor mir herschleicht oder mir im Weg steht. Ich bin nicht so auf die bedeutungslosen Kleinigkeiten fixiert. Stattdessen kann ich mich über die schönen Dinge freuen.
Ich spüre eine größere Klarheit. Als wenn sich der Nebel in meinem Kopf lichten würde.
Es entstehen wieder neue Gedanken und Ideen. Ich drehe mich nicht die ganze Zeit im Kreis.
Ich habe das Gefühl, dass es wieder vorangeht.
Mir kommen immer mehr Ideen für Themen, über die ich schreiben kann. Ich komme kaum hinterher, sie aufzuschreiben.
Es ist als hätte ich eine Lawine losgetreten.
Mit jedem Text, den ich schreibe, lässt der Druck in meinem Kopf nach und ich fühle mich leichter.
Es ist wie eine große Last, die mir von den Schultern fällt. Als wenn mich nichts mehr zurück hält oder ich die Handbremse gelöst hätte.
Es hat sich auch ein Gefühl der grundsätzlichen Zufriedenheit eingestellt.
Das Grundrauschen scheint jetzt eher positiv, als negativ zu sein.
Ich möchte einen Weg finden diesen Zustand immer häufiger zu erleben.
Wenn ich mich gut fühle vernachlässige ich die Dinge die dazu geführt haben oft und falle dann wieder in ein Loch.
Die Achterbahn fährt immer seltener und es entsteht wieder eine Warteschlange und damit Druck.
Ich reduziere das, was meine Energiespeicher auffüllt und mir gut tut. Ich denke ich habe mein Ziel erreicht und brauche es nicht mehr.
Ich tue diese Dinge aber, weil sie mir Spaß machen und mir Kraft geben. Ich sollte sie immer machen.
Es ist ziemlich bescheuert. Es führt dann jedes Mal zu einer Abwärtsspirale.
Warum sollte ich etwas nicht machen, obwohl es mir gefällt?
Genau das ist dann auch wieder passiert.
Ich habe vorletzte Woche weniger geschrieben, weil ich mich gut gefühlt habe und mir deshalb nichts eingefallen ist. Mir hat einfach die Motivation gefehlt. Ich bin aber auch gar nicht auf den Gedanken gekommen etwas für mich zu tun.
Ich hatte nicht das Gefühl es zu brauchen.
Ich habe die Neigung erkannt hauptsächlich über Probleme und Negatives zu schreiben, selten über Dinge, die gut laufen oder mir gefallen.
Ich beschäftige mich dann einfach nicht damit und denke nicht darüber nach. Ich genieße die Zeit. Ich habe es endlich wieder geschafft, das zu erreichen. Es hat recht lange gedauert, aber ich kann wieder stehenbleiben und die Aussicht genießen.
Es sind noch kurze Phasen ich möchte sie aber immer öfter und länger erleben.
Ich denke nur über mein Glück nach, wenn ich es nicht habe. Wenn ich glücklich bin, stelle ich mir diese Fragen nicht. Ich suche nicht nach einem Sinn oder Antworten. Ich lebe einfach.
Letzte Woche habe ich nicht geschrieben, weil ich mich nicht in der Stimmung dafür gefühlt habe, obwohl es mir wahrscheinlich sehr gut getan hätte. Es war eine lange und anstrengende Woche. Es ist viel passiert und ich habe immer weitergemacht und bin nie stehengeblieben um nachzuvollziehen, was eigentlich passiert ist.
Ich führe zwar immer noch ein Tagebuch, das ist aber irgendwie etwas anderes. Es hat nicht den selben Effekt wie diese Texte.
Vielleicht kann ich auch einfach anfangen zu schreiben, selbst wenn ich nicht weiß worüber und wenn ich mich nicht danach fühle.
Ich möchte mich aber auch nicht dazu zwingen und dann den Spaß daran verlieren.
Das mache ich ja meistens so. Ich habe eine Idee und fange einfach an.
Fast alle meine Texte fangen mit einem Thema an und am Ende geht es um etwas völlig anderes. Oft habe ich nur einen oder zwei Sätze im Kopf, die ich loswerden möchte. Manchmal entwickelt sich daraus mehr.
Ich lasse meine Gedanken einfach auf mich zukommen und schreibe sie auf.
Es hilft aber immer sie aufzuschreiben. Ich habe sehr viele angefangene Texte, die ich manchmal weiterführe oder in andere Texte integriere. Viele liegen aber einfach nur rum. Das ist auch ok. Für mich ist es wichtig die Gedanken aufgeschrieben und mich mit ihnen beschäftigt zu haben. Dann gehen sie mir nicht mehr durch den Kopf und sind sicher gespeichert.
Vielleicht brauche ich eine Anregung. Ich habe gelesen, dass Autoren vor dem Schreiben zuerst ihre ganzen wirren Gedanken loswerden müssen, bevor sie sich dem eigentlichen Werk zuwenden.
Wenn ich erst schreibe, geht es in der Regel immer weiter, bis mir nichts mehr einfällt. Ich muss die Tore nur öffnen und die Maschine anwerfen. Bis dahin wird die Warteschlange immer länger.
Ich möchte versuchen die Warteschlange konstant abzuarbeiten und sie nicht mehr zu lang werden zu lassen.
Ich möchte die Dinge, die mir gut tun, besonders dann machen, wenn ich mich nicht danach fühle.